Dienstag, 7. November 2017

Spanish Rose

Ich friere. Die Nacht war kälter als erwartet. Ziehe den Reißverschluss meines Schlafsacks ein wenig höher. Die Mütze habe ich in der Nacht verloren. Ich finde sie und setze sie wieder auf. In dem Moment muss ich unwillkürlich die Augen verdrehen, weil ich mich frierend im Schlafsack wiederfinde, obwohl ich doch eigentlich für Sonne und Surfen unterwegs bin. Was mache ich bloß falsch? Nichts denke ich, du bist einfach noch nicht weit genug gefahren. Die Temperaturschwankungen sind hier sowieso von Nacht zu Nacht so unterschiedlich, dass man jedesmal aufs neue abprüfen muss, was man denn nun anzieht und ob man Schlafsack und Decke, nur Decke oder nur Schlafsack benutzt. Jogginghose, Kapuzenpullover und zwei Paar Socken sind ohnehin Standard. Im Endeffekt ist es aber dann meistens sinnvoller einfach die Komplettlösung zu nehmen. Hoffe innerlich dass sich das in den nächsten Tagen erledigt hat. Das Wetter draußen ist wie die Temperaturen drinnen. Ungemütlich. Ich stehe recht weit vorn am Platz Ausgang. Dort stehen auch Robin und Nikki. Ich wische das kalte Schwitzwasser, so nenne ich es immer, von den Scheiben und erkenne dass die beiden gerade den Abwasch machen. Gestern sagten sie mir sie haben kein Gas mehr und können somit quasi nichts kochen, also denke ich mir überrasche ich die beiden mit einem Kessel heissem Wasser damit sie sich einen Kaffee aufgießen können. Manchmal sind es die kleinen Dinge. Nachdem ich also den allmorgendlichen Falt und Umräum marathon im Bus hinter mir habe, setze ich Wasser auf. 
Mit dampfendem Kessel husche ich in die Schuhe und begrüße meine Bekanntschaft mit einem verschlafenen Grinsen. "Morning Guys. I've boiled some water for you. Enjoy the coffee!" Man kann sich nicht vorstellen wie glücklich Menschen sein können, wenn man ihnen heisses Wasser reicht, bis man es selbst erlebt hat. Man lobpreiste mich. Ich gehe zur Rezeption um zu erfahren wie ich die Sache nun regel. Ein junger Mann erklärt mir auf bestem Englisch dass es kein Problem sei einfach bei Abreise nachher zu bezahlen. Zurück im Van trinke ich meine eigene Tasse noch aus, räume bisschen auf sitze für ein paar Minuten einfach nur da und begebe mich dann wieder zur Rezeption mit dem Bus. Dort wartet nun ein altes französisches Urgestein mit Basquen Kappe auf mich. Graue Haare. Etwa Siebzig Jahre alt. Es fand natürlich kein Übergabe Gespräch statt, so muss ich diesem alten Mann nun auf Fränglish erklären, dass ich Tags zuvor angereist bin, keiner da war und ich nun bezahlen will. Mein Schul Französisch ist okay, aber reicht auch nicht weit über das Baguette kaufen im Supermarkt hinaus. Es dauert zwanzig Minuten bis Monsieur verstanden hat. 

Danach gibt es noch eine kurze Verabschiedung von Nikki und Robin. Sie geben mir in tiefster Dankbarkeit den Kessel zurück und wir sprechen über die Route. Da kommt das Thema Navi und Akku auf da ich die Route auf dem Handy zeigen will und kurzerhand sehe ch mich mit einem gebrauchten aber funktionierenden Zwölf- Volt Stecker für mein Ladekabel in der Hand wieder. Sie hatten drei Stück mit. Na wenn das mal kein Karma ist. 

Mit warmen Worten im Gepäck nehme ich die Reise wieder auf. Es geht Richtung San Sebastien nach Spanien. Mal sehen wie weit ich komme. 


Van Morrison singt zur Fahrt, während ich die Pyrenäen gerade hinter mir lasse. Es läuft "Spanish Rose". Wie passend. San Sebastien soll schön sein - bei dem Wetter allerdings macht es mir keinen Appetit dort spazieren zu gehen. Es ist kühl. In Deutschland würde man von einem Sauwetter sprechen. Verregnet. Grau. In den Bergen gab es grade eine Tankstelle, in der ich halten musste um neues Benzin zu holen. Als ich ausstieg, dachte ich kurzzeitig, ich sei alles andere als in der Nähe eines Surfurlaubes. Fieser Wind bließ mir um die Ohren und machte mir jede Hoffnung auf gutes Wetter zu Nichte. Dazu kamen die "EIS" Schilder auf den Serpentinen. Ich rechnete wage damit, eventuell in Schwierigkeiten zu kommen, wenn ich Ende November über diesen Pass wieder zurück will. Wer weiß ob es dann schneit? Dann wird auf einmal das Wetter besser. Beim Heraushalten der Hand während der Fahrt spüre ich noch die Kälte aber es 
scheint die Sonne. Die Wolken verschwinden. 

Ein Blick auf Maps verrät mir dass ich Nord 
Spanien nun fast auf Hälfte durchquert habe. Ich sträube mich zugegebener Maßen immer etwas Spanien zu durchfahren. Das Inland ist karg. Jedenfalls in der Nähe der Autobahnen. Es kommt einer Steppe gleich. Derweil passiert man hier und da runtergerockte Tankstellen mit alten Graffitis. Alles ist so dürr und ausgetrocknet. Death Valley like. Eine Umgebung in der man einfach keine Panne haben möchte. Ich jedenfalls nicht. 


Als Ziel schaue ich mir Tordesillas aus. Ein interessanter Teil des Reisens ohne genauem Ziel ist, dass man Tag für Tag auf's neue schaut wo man die Nacht verbringt. Man weiß nie wo man landet. Ich öffne immer kurz vor Einbruch der Dunkelheit die Maps App auf meinem Handy. Scrolle ein wenig herum. Im Satellitenbild Modus. Und schaue einfach nach Orten die mir gefallen. Das Ziel wird markiert und dann sieht man Vorort ob man einen guten Treffer gelandet hat. Diese Nacht verbringe ich wie gesagt in Tordesillas. Direkt am Fluss Duoro gelegen. Dieser Fluss ist 897 km lang und entspringt ziemlich weit nördlich in Soria, schlängelt sich über Valladolid, vorbei an Tordesillas bis nach Nord Portugal um dann schließlich bei Porto im Atlantik zu münden. Wenn man also kein Navi hat und nach Portugal will - einfach dem Fluss folgen. Meine Vermutung war gut. Todesillas ist sehr beschaulich! Ich schaue auf das Gewässer und träume davon wie es mich ohne Anstrengung bis nach Portugal trägt. Dann gehe ich zurück in meinen Bus. Ich lösche das Licht und freue mich auf den letzten Teil meiner Anreise. Die Querung der Grenze Portugals. 






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